Ein Brief auf Weltreise – Postgeschichte zum Anfassen

Wie weit kann ein Brief reisen, wenn sein Empfänger nicht zu finden ist?
Das folgende Stück zeigt eindrucksvoll, wie komplex und zugleich faszinierend der internationale Postverkehr um 1900 war. Ein unscheinbarer Brief, aufgegeben im deutschen Kiel, wurde zum Irrläufer, mit Stationen in Ägypten, Singapur, Batavia, China und Hongkong – und erzählt dabei ganz nebenbei von Militärgeschichte, Kolonialpolitik und der Bedeutung fotografischer Ateliers der Kaiserzeit.
Ein Zeitdokument, das nicht nur philatelistisch, sondern auch historisch begeistert.
Jedes Stück erzählt eine Geschichte – von Reisen, historischen Ereignissen oder dem Alltag vergangener Zeiten.
Ob kunstvoll gestaltet, mit seltenen Stempeln versehen oder voller persönlicher Botschaften: Postkarten und Belege machen Geschichte lebendig.
Das Beste daran: Schon mit kleinem Budget kann man eine faszinierende Sammlung aufbauen und auf Entdeckungsreise durch Raum und Zeit gehen!
Ein besonderes Beispiel: Ein Brief aus dem Jahr 1901
Dieser Brief wurde an Herrn Hans von Tschirmhaus adressiert, Oberleutnant im königlich preußischen Infanterie-Regiment, beim Transportbataillon Ostasien – zunächst bestimmt für Port Said.
Der Absender: H. Wegener aus Kiel, Dänische Straße 35.
Er betrieb gemeinsam mit Johannes Schmist ein Fachgeschäft für fotografischen Bedarf. Beide führten den Titel „Hofphotograph Seiner Königlichen Hoheit Prinz Heinrich von Preußen“ und wurden mehrfach ausgezeichnet:
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1867: Ehrenvolle Erwähnung, Paris
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1879: Silberne Preußische Staatsmedaille
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1880: Erster Preis, Kiel
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1888: Silberne Staatsmedaille, Hamburg
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1896: Silberne Medaille, Kiel
Die Reise des Briefes – eine philatelistische Weltreise:
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20.01.1901: Aufgabe in Kiel
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29.07.1901: Ankunft in Alexandria und Port Said
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Weiterleitung an das Deutsche Konsulat in Singapur
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02.08.1901: Versand mit dem französischen Postdampfer Indus nach Singapur
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22.08.1901: Station in Batavia (heute Jakarta), kurze Weiterleitung nach Weltevreden
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26.08.1901: Weiter nach Shanghai, sofortige Weiterleitung nach Hongkong
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02.09.1901: Ankunft in Hongkong
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06.09.1901: Rückkehr nach Shanghai, dort durch mehrere Feldlager („I/2“, „II/2“) und schließlich an eine „III. Kompanie“ weitergereicht
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07.09.1901: Als unzustellbar zurück nach Deutschland gesendet – ein klassischer Irrläufer
Ein solcher Beleg zeigt eindrucksvoll, wie eng verknüpft Weltgeschichte, persönliche Schicksale und die Entwicklung der Post sind.