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Speyerer Bote Heft-Nr. 141 35. Jahrgang November 2022 www.bsv-speyer.de Philatelie als Kulturwissenschaft Briefmarken sind kleine Papierobjekte, die Staaten zur Regelung des Briefverkehrs verausgaben. Wie aber werden aus Zahlen, Schriften und Bildern graphische Kleinkunstwerke, die nicht nur Sammler faszinieren? In welcher Weise repräsentieren sie ein Land, seine Gesellschaft und Kultur? Und welche Rolle spielen sie in der bildenden Kunst und Literatur? Die Beiträge des vorliegenden Bandes versuchen, auf solche Fragen durch exemplarische Darstellungen eine Antwort zu geben. Sie gehen damit über die traditionelle Auffassung der Philatelie als Beschreibung von Postwertzeichen hinaus und machen Briefmarken unter historischen, politischenund ästhetischen Gesichtspunkten zum Bestandteil der Kulturwissenschaft.

3 Inhaltsverzeichnis • Inserat Auktionshaus Gerd Müller.................................Seite 2 • Die MachinFreimarken von Großbritannien, Serie der unbegrenzten Möglichkeiten (Teil 2)..............Seite 39 • Von den PrivatPostanstalten zur Privatpost................Seite 912 • Vom Briefmarkensammler zum BSVSpeyerJungphilatelisten Erinnerungen an die Jugendgruppenzeit der 1970er Jahre unter Georg Kapp in der Roßmarktschule .....................Seite 1316 Vom Deutschlandsammler zum „glühenden Entdecker“ und Europäer (Teil 1)........................................................Seite 1718 • Impressum........................................................................Seite 19 • Inserat Auktionshaus Christoph Gärtner.........................Seite 20 Ach, was wäre das so schön, einmal in den Keller zu gehen und in den verstaubteb Ecken so eine Kiste zu entdecken. Rappelvoll mit solchen Sachen, sie dem Sammler Freunde machen. SpeyerBriefe, PosthornSätze und VorphilatelieSchätze. Schwarzer Einser, SachsenDreier. ach. das wäre mal ne Feier. Und zum Schluss die "Blaue Mauritius. Alles, was die Alben ziertund man wäre auch sanier. Doch Fortuna rührt das kaum, somit bleibt das nur ein Traum. Sammeln wir auch weiter künftig briefe für 2 Euro fünfzig.

4 Kurt Keller Die MachinFreimarken von Großbritannien, Serie der unbegrenzten Möglichkeiten (Teil 2) Briefe, Frankaturen Klar, dass sich die verschiedenen Portostufen und Erhöhungen mit Machins eindrucksvoll belegen lassen. Es gibt natürlich unzählige mögliche Wert und Farbkombinationen, womit optisch tolle Briefe und sonstige Belege gefertigt wurden und werden können. Einige Aerogramme mit MachinEindrucken runden die Sammlung ab. Zu diversen Messen und Militärveranstaltungen mit Feldpost gibt es ansprechende MachinAbbildungen und Frankaturen. Die offiziellen FDC´s sind dekorativ und gefallen im Allgemeinen. Auch hier sind Belegexemplare der Vollständigkeit halber der Sammlung sicher zuträglich. Zusammenfassung Sie sehen, Machins zu sammeln erfordert Zähigkeit und Standhaftigkeit angesichts der unzähligen Variationen. Es ist unglaublich was diese Serie philatelistisch bietet. So ist es auch kein Wunder, wenn Englandsammler*innen „um Gottes Willen“ murmeln und apathisch abwinken, wenn auf die Machins die Rede kommt. Hier wird „das Fass ohne Boden“ gerne zitiert. Diese FreimarkenSerie ist eine schwierige Geliebte, sie will gepflegt und gehätschelt werden und verlangt volle Aufmerksamkeit. Aber trotz allem, sie macht Spaß und gibt viel. Eigeninitiative und Forschung sind gefragt. Zu allen hier aufgeführten Punkten geben Spezialkataloge erschöpfend Auskunft. Es wurden bewusst wenig Fakten, Daten und Zahlen und somit Wiederholungen daraus verwendet. Sinn dieses Aufsatzes ist es nur, auf die ungeheuere philatelistische Vielfalt dieser Serie hinzuweisen. Bleibt nur noch, die armen Redakteure eines GBSpezialkataloges zu bedauern. Sie sind wahrlich nicht um ihre Arbeit zu beneiden. Ständig müssen sie neue Rubriken bzw. Fakten in ihren Übersichttabellen einarbeiten. Und wenn der Katalog endlich erscheint, ist er bestimmt schon bald darauf überaltert. Haben Sie Anregungen oder Ideen, um das Vereinsleben noch attraktiver zu gestalten? Sprechen Sie den Vorstand an.

5 Nun ist die Queen tot und die Dauerserie „Machins“ mit ihren oben angeführten Vielfältigkeit und der für flüchtige GBSammler fast nicht mehr zu überschauenden Spezialisierung ist ein abgeschlossenes Sammelgebiet. Ein paar Marken zu ihrem Ableben wird es wahrscheinlich noch geben, auch im MachinPortät. Wer weiß, wie sich in Zukunft die Machins entwickeln. Eines ist sicher, ihr Nachfolger wird es auf eine solche An und Vielzahl von Briefmarken nicht bringen. Oder man könnte sich ja dann auf die neuen PorträtFreimarken des Thronfolgers spezialisieren. Zur Ergänzung hier einige Abbildungen, die etwas von der Farbenpracht der Serie wiedergeben.

6 Zusatz der Redaktion Elisabeth II. (englisch Elizabeth II; * 21. April 1926 als Elizabeth Alexandra Mary in Mayfair, London; † 8. September 2022 auf Balmoral Castle, Aberdeenshire) aus dem Haus Windsor war von 1952 bis zu ihrem Tod 2022 Königin des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland sowie von zuletzt 14 weiteren, als Commonwealth Realms bezeichneten souveränen Staaten einschließlich deren Territorien und abhängigen Gebieten. Darüber hinaus war sie das Oberhaupt des 56 Staaten umfassenden Commonwealth of Nations, Lehnsherrin der britischen Kronbesitzungen sowie weltliches Oberhaupt der anglikanischen Church of England. Elisabeth II. war in Personalunion das Staatsoberhaupt des Vereinigten Königreichs sowie folgender Commonwealth Realms: Antigua und Barbuda, Australien, Bahamas, Belize, Grenada, Jamaika, Kanada, Neuseeland, PapuaNeuguinea, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Salomonen und Tuvalu. Während ihrer Regentschaft veränderte sich die Zahl der Commonwealth Realms, da die meisten britischen Kolonien ihre Unabhängigkeit erlangten und mehrere dieser Staaten sich zu Republiken erklärten. Daher war Elisabeth II. zeitweilig auch Königin von Barbados, Ceylon, Fidschi, Gambia, Ghana, Guyana, Kenia, Malawi, Malta, Mauritius, Nigeria, Pakistan, Sierra Leone, der Südafrikanischen

7 Union, von Tanganjika, Trinidad und Tobago sowie Uganda. Nur im Vereinigten Königreich übte die Königin ihre fast ausschließlich repräsentativen Rechte und Pflichten persönlich aus. In den übrigen Commonwealth Realms wurde sie durch Generalgouverneure vertreten. Sie war daher eine konstitutionelle, parlamentarische Monarchin. Elisabeth II. stand bei ihrer Geburt nach ihrem Onkel Eduard VIII. und ihrem Vater Georg VI. an dritter Stelle der britischen Thronfolge. Ihr Vater bestieg 1936, nach der Abdankung seines älteren Bruders, den Thron. Als heiress presumptive (voraussichtliche Thronfolgerin) übernahm Elisabeth während des Zweiten Weltkriegs erstmals Aufgaben in der Öffentlichkeit und diente in der Frauenabteilung des britischen Heeres. Am 20. November 1947 heiratete sie Prinz Philip, den Duke of Edinburgh. Aus der 73 Jahre andauernden Ehe, die bis zu Philips Tod am 9. April 2021 währte, gingen vier Kinder hervor: Charles (als ältester Sohn ihr späterer Nachfolger), Anne, Andrew und Edward. Nach dem Tod ihres Vaters bestieg Elisabeth II. am 6. Februar 1952 den Thron. Die Krönung fand am 2. Juni 1953 in Westminster Abbey statt und war die erste, die im Fernsehen übertragen wurde. Ihre 70 Jahre und 214 Tage währende Herrschaft war eine der längsten der Geschichte. Sie hatte den Thron länger inne als jeder britische Monarch vor ihr und war zum Zeitpunkt ihres Todes das am längsten amtierende Staatsoberhaupt der Welt. Bedeutende politische Prozesse während ihrer Herrschaft waren die Entkolonialisierung des Britischen Weltreiches, der Kalte Krieg, der Nordirlandkonflikt und sowohl der Beitritt des Vereinigten Königreichs zur Europäischen Union als auch der Brexit. Trotz zunehmender Kritik der Massenmedien an der Königsfamilie und gewachsener Zustimmung zur republikanischen Staatsform – insbesondere in Australien – genoss die Monarchie unter Königin Elisabeth II. weiterhin breite Akzeptanz in der Bevölkerung. Übersicht der Commonwealth Realms Elisabeth II. war bis zu ihrem Tod das Staatsoberhaupt von 15 Commonwealth Realms (in Klammern das Jahr ihrer Unabhängigkeit von Großbritannien): Vereinigtes Königreich (seit 1952), Antigua und Barbuda (seit 1981), Australien (seit 1952), Bahamas (seit 1973), Belize (seit 1981), Grenada (seit 1974), Jamaika (seit 1962), Kanada (seit 1952),

8 Neuseeland (seit 1952), PapuaNeuguinea (seit 1975), St. Kitts und Nevis (seit 1983), St. Lucia (seit 1979), St. Vincent und die Grenadinen (seit 1979), Salomonen (seit 1978), Tuvalu (seit 1978) Dazu gehören auch alle britischen Überseegebiete sowie folgende Kronbesitzungen und Inseln: Cookinseln, Guernsey, Isle of Man, Jersey, Niue Darüber hinaus war sie während ihrer Amtszeit Staatsoberhaupt von zahlreichen weiteren Staaten oder Kolonien, die seit ihrer Krönung zu eigenständigen Republiken oder Teil anderer Staaten wurden (in Klammern das Jahr der Unabhängigkeit von der Krone, bei ehemaligen Kolonien zusätzlich das Jahr der Unabhängigkeit von Großbritannien): Aden (bis 1967 als Kolonie), Betschuanaland (bis 1966 als Kolonie), Barbados (bis 2021, bis 1966 als Kolonie), Brunei (bis 1984 als Kolonie), Dominica (bis 1978 als Kolonie), Ceylon (bis 1972, bis 1952 als Kolonie), Fidschi (bis 1987, bis 1970 als Kolonie), Gambia (bis 1970, bis 1965 als Kolonie), Ghana (bis 1960, bis 1957 als Kolonie), Goldküste (bis 1957 als Kolonie), Guyana (bis 1970, bis 1966 als Kolonie), Hongkong (bis 1997 als Kolonie), Kenia (bis 1964, bis 1963 als Kolonie), Malawi (bis 1964, bis 1963 als Kolonie), Malaysia, Sarawak und NordBorneo (bis 1963 als Kolonie), Malediven (bis 1965 als Kolonie), Malta (bis 1974, bis 1964 als Kolonie), Mauritius (bis 1992, bis 1968 als Kolonie), Nauru (bis 1968 als Kolonie), Nigeria (bis 1963, bis 1960 als Kolonie), Pakistan und Bangladesch (bis 1956 als Kolonie), PapuaNeuguinea (bis 1975 als Kolonie), Rhodesien und Njassaland (bis 1970 als Kolonie), Seychellen (bis 1976 als Kolonie), Sierra Leone (bis 1971, bis 1961 als Kolonie), Singapur (bis 1963 als Kolonie), Südafrikanische Union (bis 1961 als Kolonie), Tanganjika (bis 1962, bis 1961 als Kolonie), Trinidad und Tobago (bis 1976, bis 1962 als Kolonie), Uganda (bis 1963, bis 1962 als Kolonie), Zypern (bis 1960 als Kolonie) Wie wär´s mit einem neuen Sammgebiet? Es weckt den Forschungsgeist, erweitert den Horizont und Material wäre leicht zu finden

9 Wappen von Prinzessin Elisabeth (1944–1947) Wappen von Prinzessin Elisabeth, Duchess of Edinburgh (1947–1952) Wappen der Königin im Vereinigten Königreich Wappen der Königin in Schottland Quelle: WikipediaText und Bilder :https://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_II. Lizens:AttributionShareAlike 3.0 Unported (CC BYSA 3.0) frei verwenden werden. Bilder erstellt von Sodacan. Walter Marchart Von den PrivatPostanstalten zur Privatpost Im letzten Drittel des vorletzten Jahrhunderts entstanden neben der stattlichen Reichspost zahlreiche deutsche PrivatPostanstalten. Die Reichsgründung 1871 machte eine Neuregelung des Postwesens notwendig. Ergo: Gemäß Postgesetz vom 28. Oktober 1871 waren die Grenzen von Postregal und Postzwang identisch; dabei blieb der Ortsverkehr aber frei. Der Verzicht auf dem Postzwang für Briefe im Ortsverkehr entsprach der im Reichstag vorherrschenden Meinung, die Postbeförderung im Ortsverkehr rentiere sich nur wenig bis gar nicht. Man ging davon aus, dass sich in Gebieten mit geringer Verkehrsdichte eine private Konkurrenz kaum halten könne, jedoch in Gebieten größerer Bevölkerungsdichte ein vielfältiges Angebot für die Beförderung erstrebenwert sei.

10 Zunächst entwickelten sich private Briefbeförderungsanstalten nur zaghaft. Ab 1885 änderte sich dies schlagartig. Insgesamt wurden 144 deutsche Privatposten gegründet; 66 davon stellten jedoch Ihren Betrieb nach kurzer Zeit wieder ein. Die meisten der verbliebenen PrivatPostAnstalten arbeiteten aber erfolgreich und erziehlten Gewinn, waren Ihre Beförderungsgebühren doch wesentlich billiger als die der Reichspost. Zudem stellten sie die Post täglich mehrmals zu. Eine zusätliche Einnahmequelle waren die vielseitig gestalteten Freimarken und Ganzsachen der PrivatPosten. Sie avancierten zum beliebten Sammelgebiet, was bei den bis dahin recht monotonen Ausgaben der Reichspost keineswegs verwunderlich war. Besonders PrivatPostanstalten mit kleinerem Einzugsgebiet nutzten dies durch übertiebene Markenproduktion bald scharmlos aus. Abschreckendes Beispiel hierfür ist Auerbauch im Vogtland. Privatstadtpost Nürnberg mit Anschrift "Reizender Backfisch". Bitte der Redaktion Bitte überlegen Sie, ob Sie nicht den ein oder anderen Artikel für unseren Speyerer Boten schreiben könnten. Nur so bleibt er vielseitig und für jeden interessant. Es gibt viele Themen, die noch nie im Speyerer Boten behandelt wurden. Beschreiben Sie doch einmal Ihr Sammelgebiet, seine Besonderheiten und warum Sie sammeln.

11 Privatstadtpost Stuttgart, Ganzsachenkarte 1888 Das in dem achttausend Einwohner zählenden Ort ansässige Unternehmen mit dem Namen "ExpressPacket/Privat.Briefverkehr" brachte weit mehr als 100 Freimarken heraus, dazu noch Sonderausgaben für Warenproben, Drucksachen und Anweisungen für Eilboten und EinschreibeSendungen. Ergänzt wurde dies noch durch spezielle Nachporto und Kontrollmarken. Damit aber noch nicht genug. So schuf man für Sammler ein zusätliches Angebot von Probedrucken und ungezähnten Ausgaben. Geringe Entlohnung und das Fehlen jeglicher Versorgungsansprüche gegenüber den Unternehmen waren probate Mittel, die Billigtarife zu halten. Die Arbeitsbedingungen und die Löhne für das Personal waren deutlich schlechter als die bei der Teichspost, konnten doch die Privaten die soziale und arbeitsrechtliche Situation "frei" regeln. Trotz mancher nicht erwünschter Erscheinungen und Auswüchse waren die PrivatPostanstalten bei den Benutzern überaus beliebt und damit eine ernste Konkurrenz für die staatliche Reichspost. Ende 1899 wurden daher nach lebhaften Debatten im Reichstag das Reichspostgesetz geändert und auch der Ortbriefverkehr dem Postmonopol unterworfen. Dies war das Ende der PrivatPosten, sofern Sie sich nicht auf die Paketbeförderung beschränkt hatten.

12 Im Reichgesetzblatt vom 20. Dezember 1899 wurde für die Bediensteten der PrivatPostanstalten eine Entschädigung festgelegt. Sie richtete sich nach der Beschäftigungsdauer und dem Verdienst in den letzten zwölf Monaten. Die Abfindungssummen für die Privaten waren für die damalige Zeit beträchtlich. So zahlte die Bayerische Staatspost an PrivatPostanstalen in München 200 000, in Nürnberg 105 000 und in Augsburg 20 000 Goldmark. Nach 100 Jahren der abrupten Schließung der PrivatPostanstalten bröckelt in Deutschland das Postmonopol erneut. Die staatliche Deutsche Bundespost wurde mit Wirkung ab 1. Januar 1995 in drei private Unternehmen aufgeteilt: in die Deutsche Post AG, Deutsche Postbank und Deutsche Telekom AG. Postminister Bötsch nahm 1997 seinen Abschied, und das einst bedeutende Ministerium wurde aufgelöst. Das Finanzministerium ist seither für die Ausgaben von Postwertzeichen zuständig. Etliche Pivatfirmen witterten nun das große Geschäft mit der Postbeförderung. Aber schell, wie sie kamen waren auch viele schnell wieder von der Bildfläche verschwunden. Um ins Geschäft zu kommen, versuchten sie s mit günstigen Entgelten. Briefmarken wurden meistens durch Aufkleber ersetzt: Eine zusätliche Flut von Marken wie vor 120 Jahren steht nicht an, und die Deutsche Post braucht auf diesem Gebiet wohl keine Konkurrenz zu fürchten. Anmerkung der Redaktion: Herzlichen Dank an Herrn Walter Marchart für die Bereitstellung des Artikel für unseren Speyerer Boten.

13 Vom Briefmarkensammler zum BSVSpeyerJungphilatelisten Bernd Lohrbächer Erinnerungen an die Jugendgruppenzeit der 1970er Jahre unter Georg Kapp in der Roßmarktschule ­ Die Faszination der Briefmarken war schon in meiner frühesten Kindheit Teil einer ohnehin mannigfaltigen Freizeitbeschäftigung. Besonders hatte es mir das blaue Briefmarkenalbum meines Vaters angetan, der darin viele bunte Marken aus aller Herren Länder aufhob. Waren es mehr die fremdartigen oder gar die in Form und Motive interessant gestalteten Marken, die mich seinerzeit begeisterten? Ich weiß es nicht mehr. Doch was ich ganz sicher weiß, ist die Tatsache, dass es mir damals (noch) völlig egal war, ob es sich um wertvolle oder nicht so wertvolle Marken handelte. 1977 wurde ich als damals 14jähriger Junge Mitglied im BSVSpeyer. Ein etwas älterer Jungsammler aus meinem Heimatort hatte mir hierfür „die Nase lang“ gemacht und mich erfolgreich geworben. Aus dem eher kleinen Briefmarkensammler wurde ich damit quasi über Nacht zu einem ernsten und engagierten Nachwuchsphilatelisten. P.h.i.l.a.t.e.l.i.e, ein Wort, das ich bis dato noch gar nicht kannte, hatte für mich schnell eine neue und spannende Welt erschlossen. Dieses Wort zu buchstabieren konnte ja nicht jeder und hatte so etwas wie den Namen: „Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah“ fehlerfrei aussprechen zu können. Nur Briefmarkensammler zu sein war für mich als pubertierender Teenager mehr etwas Langweiliges an sich. Sich jetzt aber als Philatelist zu bezeichnen, war deutlich besser und hatte so etwas „Aufwertendes“ an sich, auf das man sogar stolz sein konnte. Einmal im Monat (Samstagnachmittag) waren in der Roßmarktschule in Speyer die Tauschzusammenkünfte, welche von Georg Kapp geleitet wurden. Mit dem Fahrrad, auf dessen Gepäckträger eine Tasche voller Briefmarkenalben festgeschnallt war, fuhr ich dann von Heiligenstein nach Speyer. Schon während der Woche

14 fieberte ich auf dieses Treffen. Natürlich war ich immer pünktlich (heute würde man sogar „besonders überpünktlich“ sagen). Ein spannender Moment war es, wenn „Herr Kapp“ mit seinem Auto angefahren kam. Ich glaube, so mancher in der Jugendgruppe lauerte auch auf den Moment, in dem Herr Kapp die Frage stellte, ob man ihm helfen könne, die Taschen aus dem Auto zu tragen. Diese waren immer vollbepackt. Was da alles drin war, weiß ich heute nicht mehr. Auf alle Fälle aber eine UVLampe, die mich immer mächtig begeisterte, vielleicht auch deshalb, weil ich so eine „Wunderlampe“ zu Hause nicht hatte. Bei Herrn Kapp ging man als ungelernter Nachwuchsphilatelist quasi in die Lehre. Von ihm lernten wir beispielsweise, die unterschiedlichsten Papier und Stempelarten kennen, aber auch wie man die Zähnung bei den Marken richtig bestimmt und mit Lupe und Pinzette fachmännisch umgeht. Doch das Allergrößte für mich war seine stets mitgebrachte „Wühlkiste“, in der wir alle stöbern durften und ab und zu ungeahnte „Schätze“ hoben. Bei Herrn Kapp herrschten dabei feste Regeln. Jeder durfte, musste aber dabei auf die anderen Jugendlichen Rücksicht nehmen. Was bei ihm als Jugendgruppenleiter gar nicht ging, war die Feststellung, dass er keine Junghändler in der Gruppe duldete. Jeder war herzlich willkommen, doch wenn sich ein besonders Geschäftssinniger unter uns zu erkennen gab, sah Herr Kapp quasi rot. Die sozialen Aspekte spielten bei Georg Kapp immer eine große Rolle. Für ihn was es nie wichtig, ob einer viel hatte, sondern dass er die Philatelie als sinnerfüllendes Hobby begreift. Disziplin war ihm deshalb oberste Maxime, ebenso ein fairer Umgang mit und untereinander. Für mich als junges Landei war es zudem interessant, mit gleichaltrigen (und einigen älteren) städtischen Buben zusammen zu kommen.

15 Manche von ihnen haben mich sogar später beruflich begleitet. Mädchen waren damals ohnehin sehr selten. Eine der wenigen Erinnerungen bezüglich Mädchen bei der Jugendgruppe war, als – ich glaube es war 1979 – während der Gruppenstunde die Tür aufging und ein Mann mit seiner kleinen Tochter hereinkam. Es war der Lehrer Möller mit seiner kleinen Lenelotte. Nun, was aus ihr heute geworden ist, das wissen wir ja. In einem Gespräch vor geraumer Zeit waren Frau Dr. Lenelotte Möller und ich unisono der Meinung, dass das Briefmarkensammeln als Jugendlicher beim BSVSpeyer nicht nur das Einstecken von Marken in ein Album war, sondern auch eine aktive Wissenserweiterung hinsichtlich einer guten Allgemeinbildung. Und wenn ich heute so darüber nachdenke, was ich alles von und mit den Briefmarken gelernt habe, so wundert es nicht, dass ich schon damals mit und über Themen reden konnte, die den meisten meiner gleichaltrigen Mitschülern verborgen waren. Rückblickend war es eine schöne und sehr harmonische Zeit. Und wenn das Jahr allmählich zu Ende ging, dann freuten wir uns auf die Weihnachtsfeier, die zu meiner Zeit sehr oft im MartinLutherKingHaus stattfanden. Immer wurden wir reich beschenkt und auch das Weihnachtsprogramm mit Akkordeon hatte so etwas Heimeliges an sich, vor allem wie viel Mühe man sich für uns Jugendliche machte.

16 Vom Deutschlandsammler zum „glühenden Entdecker“ und Europäer ­ Meine philatelistisch intensivsten Jahre waren vermutlich zwischen 19771982. Es war die Zeit, wo ich noch zu Hause wohnte und für alle meinen „Leidenschaften“ daher sehr viel Zeit hatte. Doch das änderte sich bald – ja, geradezu schlagartig. 1978 hatte ich eine Ausbildung als Bauschlosser bei der BASF in Ludwigshafen angefangen. In gewisser Weise bedeutete dies eine Zäsur in meiner Kindheit, die ich heute aber auch als ein Wendepunkt meines Lebens bezeichnen möchte. Als „Landei“ ging es jetzt in die [scheinbar] „große weite Welt“ und der „Ernst des Lebens“ hatte mich ergriffen. Keiner meiner AzubiKollegen, die größtenteils aus Ludwigshafen und Umgebung kamen, frönte mein geliebtes PhilatelieHobby. Sie hatten anderes im Kopf. Das war zwar irgendwie schade, jedoch nicht zu ändern. Schnell merkte ich, dass man mit diesen Jungs keine gewohnten Freundschaften schließen. Dazu waren wir zu verschieden. Man würde heute sagen: „ich tickte schon damals ganz anders.“ Und in meiner Rückerinnerung glaube ich heute zu wissen, dass sie auch wirklich anders waren wie die mir bekannten Speyerer und Römerberger Buben. So galt es, sich zu arrangieren, was auch gelang. Denn im Grunde genommen waren wir – als so genannte geburtenstarke Jahrgänge – eigentlich Kontrahenten, die um eine spätere Übernahme in der BASF wetteiferten … An den Wochenenden und hauptsächlich während den Feiertagen war die Philatelie ein schöner und erfüllender Zeitvertreib. Stundenlang saß ich vor meinen Alben und sortierte ein, hinzu und um. An Weihnachten – so glaube ich – erhielt ich als Geschenk ein Trockenbuch und so konnte ich endlich richtig professionell Briefmarken vom Papier „aufweichen“ und im dafür vorgesehenen Buch langsam trocknen lassen. Der Vorteil war, dass sie ganz glatt aus dem Trockenbuch kamen und sich nicht mehr so blöd wellten, wie bei meiner bisherigen amateurhaften Vorgehensweise. Hierzu nahm ich zum Beschweren dicke Bücher, so dass gelegentlich auch mal „Winnetou und Old Shatterhand“ dran glauben mussten. Gesteigert wurde das Ganze nur noch, indem ich mir kurz darauf Mehr noch: es hat mich als Mensch beeinflusst und sicherlich auch geprägt. Und so sage ich nach fast 40 Jahren: „Danke, lieber Herr Georg Kapp. Danke BSVSpeyer!“

17 noch eine Leuchtlupe beschaffte. Nun hatte ich die Marken quasi vollends im Blick … Selbstverständlich war es mein Bestreben, meine Sammlung „komplett zu machen“. Ich sammelte natürlich Bundesrepublik Deutschland, vorwiegend gestempelt. Dies war zum einen billiger als postfrisch, jedoch auch interessanter, da eine gestempelte Marke ihren ursprünglichen Zweck erfüllte und man obendrein aus dem Stempel wichtige Informationen entnehmen konnte. Rundstempel waren meine oberste Maxime. Wichtig war immer, dass man das Datum lesen konnte und auch noch den Ort. Zu dünne oder zu dicke Stempel und vor allem der verpönte Wellenstempel gingen da überhaupt nicht. Hierzu half mir vor allem der Rundsendedienst des BSV. Immer wieder wurde ich hier für „kleines Geld“ fündig und ab und zu kaufte ich auch so manche kleine Schätze oder „seltene“ Marken, denen ich bislang schon lange und erfolglos hinterher gelaufen bin. So war ich irgendwann einmal „komplett“ und ein neues Sammelgebiet musste her. Vor allem die Marken am Ende der Weimarer Republik (ab 1924) und des 3. Reiches hatten es mir angetan. Ich fand sie optisch fast alle hervorragend gelungen und manchmal stellte ich mir Geschichten vor, die mit den jeweiligen Motiven zusammenhingen. DDRMarken sammelte ich überhaupt nicht, das war nämlich das Sammelgebiet meines Cousins Stefan, der in Leipzig Verwandtschaft mütterlicherseits hatte. Für mich war die DDR schon damals nicht das „richtige“ Deutschland, was ich somit auch nicht als „sammelwürdig“ empfand. . In dieser Frage war ich stur und konsequent sowie in gewissem Sinne wohl auch ein westdeutscher philatelistischer Patriot, wenngleich in den BSVRundsendungen

18 immer wieder sehr verlockend heftweise DDRMarken angeboten wurden. Für mich war es immer schön, wenn der Rundsendeleiter (Herr Rudi Wolf und später Herr Karl Gast sen.) anriefen und mitteilten, dass mal wieder eine Sendung abzuholen sei. Oder wenn ein Sammler sich aus meinem Zirkel meldete und fragte, wann er zwecks Übergabe einer Rundsendung mal vorbeikommen könne. Das Wegbringen machte (das ist noch heute so) indes weniger Spaß. Noch heute freue ich mich, wenn Herr Jürgen Kolaczek, der seit 10 Jahren im Verein Rundsendeleiter ist, sich diesbezüglich bei mir meldet. Einer meiner Vorsätze in diesem Jahr heißt auch, sich bei ihm bezüglich Urlaub rechtzeitig abzumelden. Einmal überraschte mich mein Bruder Klaus zu Weihnachten. Wann das genau war, weiß ich nicht mehr. Klaus, der immer in gewisser Weise Anteil an meinem Hobby nahm und auch bei den Weihnachtsfeiern der BSVJugend gerne dabei war, schenkte mir drei tolle Briefmarken. Es waren „die Blauen“ Bund Mi. Nr. 147, 150 u. 161. Wieviel er dafür in einem Speyerer Briefmarkengeschäft „gelatzt“ hatte? Ich freute mich jedenfalls riesig, denn sie waren auch noch tadellos und alle top gestempelt und fanden sogleich Aufnahme in meinem BundBriefmarkenalbum. Noch heute finde ich sie an ihrem angestammten Platz und zieren meine schöne Sammlung.

19 Ansprechpartner im Briefmarkensammlerverein Speyer 1. Vorsitzender / Redaktion Markus Steuerwald VanLeydenStr. 19, 67061 Ludwigshafen Tel.: 01788437428 EMail: 1. Vorsitzender@bsvspeyer.de 2. Vorsitzender Helmut Piesch Am Hirschgraben 41, 67360 Lingenfeld Tel.: 06344 / 5950 EMail: 2. Vorsitzender@bsvspeyer.de Schatzmeister Stefan Kapp Langgewannstr. 34, 76726 Germersheim Tel.: 07274 / 778388 EMail: Schatzmeister@bsvspeyer.de Schriftführer Dr. Wolfgang Dreher Am Viehtriftweg 51 a, 67374 Hanhofen Tel.: 06344 / 953166 EMail: Schriftfuehrer@bsvspeyer.de Jugendgruppe Anja Stähler An der Brache 4, 67245 Lambsheim Tel.: 06233 / 359544 EMail: Jugendleitung@bsvspeyer.de Archiv Manfred Claus Ostpreußenstr. 19, 67165 Waldsee Tel.: 06236 / 53239 EMail: Archivar@bsvspeyer.de Homepage Jürgen Lutz Alte Kirche 9 a, 67374 Hanhofen Tel.: 06344 / 9365888 EMail: Webmaster@bsvspeyer.de Beisitzer Erhard Frey PeterRoseggerWeg 14, 67346 Speyer Tel.: 06232 / 3870 EMail: Bibliothek@bsvspeyer.de Impressum / Herausgeber Briefmarkensammlerverein Speyer, Redaktion (Markus Steuerwald) EMail: 1.Vorsitzender@bsvspeyer.de Homepage: www.bsvspeyer.de Bankkonto: Briefmarkensammlerverein Speyer IBAN: DE 075 545 500 1 0000000 3954 / BIC: LUHSDE6AXXX Photomechanische Wiedergabe oder Nachdrucke, auch auszugsweise, sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verfassers oder Herausgebers bei ausführlicher Quellenangabe erlaubt. Die mit Namen des Verfassers gekennzeichneten Artikel und Beiträge sind nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und/oder des Vorstandes.

UNSERE AUKTIONEN – IHRE CHANCE 55. AUKTION 20. - 24. FEBRUAR 2023 Philatelie, Banknoten & Münzen 56. AUKTION 12. - 16. JUNI 2023 Philatelie, Banknoten & Münzen 57. AUKTION 16. - 20. OKTOBER 2023 Philatelie, Banknoten & Münzen EINLIEFERUNGSSCHLUSS Einzellose jeweils 8 Wochen und für Sammlungslose 7 Wochen vor der Auktion. TERMIN VEREINBAREN: Tel. 07142 -789 400 info@auk�onen-gaertner.de SIE HABEN DIE WAHL! Direktverkauf gegen Barzahlung oder Einlieferung in unsere Auktionen. Jetzt einliefern oder verkaufen! IHRE VORTEILE AUF EINEN BLICK • 3 internat. Großauk�onen pro Jahr • Unverbindliche und diskrete Beratung • Kostenlose Schätzunge • Schnelle und seriöse Abwicklung • Güns�ge Einlieferungskondi�onen ohne weitere Nebenkosten • Hausbesuche nach Terminabsprache • Kostenlose Abholung von Paketen durch einen Paketdienst (DHL oder FedEx) • Großes interna�onales Kundennetzwerk (über 179.000 Interessenten weltweit) • Angemessene Provisionen für die Vermi�lung von Einlieferungen In der Welt der Philatelie gibt es jeden Tag etwas Neues zu entdecken... www.cg-collectors-world.com www.auktionen-gaertner.de follow us Auk�onshaus Christoph Gärtner GmbH & Co. KG Steinbeisstr. 6+8| 74321 Bie�gheim-Bissingen, Germany| Tel. +49-(0)7142-789400 Fax. +49-(0)7142-789410|info@auk�onen-gaertner.de|www.auk�onen-gaertner.de

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